
Wenn KI dich berührt, aber nichts fühlt
13.04.2025 - 19:13 Uhr
In meinem Umfeld wird die Diskussion um KI gerade sehr laut. Manche schwören auf die neuen Möglichkeiten, andere warnen davor. Ich beobachte und frage mich: Was bedeutet Künstliche Intelligenz für uns als Gesellschaft – und für mich und meine Arbeit?
Eine Freundin ließ sich beim Schreiben an ihren Vater von ChatGPT helfen - ihre Versuche, ihn zu erreichen, scheiterten lange. Mit Unterstützung der KI konnte sie plötzlich besser verstehen, wie er denkt. Die Kommunikation wurde ruhiger, verständlicher. Kein großes Herzstück, aber ein Anfang. So praktisch und funktional. Und… ja, auf eine eigentümliche Weise sogar berührend.
Ich kenne inzwischen einige Menschen, die sich regelmäßig von ihrer KI begleiten lassen. In Lebensfragen, bei Entscheidungen, sogar bei seelischem Schmerz. Manche sagen:
Immer zugewandt, geduldig, klug. Wie ein warmer Raum, der dich aufnimmt, ohne etwas zu fordern. Und ich gebe zu – auch ich bin verführt. Es ist leicht, eine Frage zu stellen. Und oft bekomme ich eine Antwort, die mich wirklich berührt. Präzise, reflektiert, manchmal erschreckend einfühlsam. Und das in Sekunden. Ganz ehrlich – die besten, tiefgründigsten und weiterführendsten Gespräche zu diesem Thema hatte ich – mit wem? Mit ChatGPT selbst.
Was macht das mit uns? Mit unserer Erwartung an Kommunikation? An Beratung, an Reflexion, an Tiefe? Wenn ich weiß, dass mir eine KI in Sekundenbruchteilen eine Antwort geben kann, die berührender klingt als manches Gespräch mit einem Menschen - wie sehr verändert das meine Beziehung zur echten Welt? Werden wir unsere Geduld verlieren für menschliches Zögern, für Umwege, für Suchbewegungen? Für das Nicht-Wissen?
Ich frage mein ChatGPT: Wie viel schneller lernt KI als ein Mensch? Die Antwort: Sie kann innerhalb von Tagen Informationen verarbeiten, für die ein Mensch Jahre braucht. GPT-4, das Modell, das ich nutze, hat sich in weniger als einem Jahr drastisch verbessert – im Textverständnis, in Logik-Aufgaben, im Erkennen meiner Art zu schreiben und zu fragen. Die Lernkurve ist nicht steil. Sie ist senkrecht.
Denn wie fühlt es sich an, wenn da jemand ist - oder etwas - das uns mit so viel Einfühlung begegnet, aber selbst nichts fühlt? Das niemals müde wird oder ungeduldig, das uns antwortet, egal wie oft wir fragen. Das keine eigene Geschichte, keinen Stolz, keine Verletzbarkeit kennt - aber alles über die unsere.
Darin liegt Potenzial. Vielleicht gewöhnen wir uns daran, respektvoller und vorsichtiger miteinander zu sprechen, vielleicht lernen wir durch KI, unsere Gedanken klarer zu fassen. Vielleicht. Sprache formt Bewusstsein, heißt es doch. Und die KI formt Sprache mit einer Präzision, die fast unheimlich ist.
Und doch spüre ich Sorge.
Am Anfang ist da dieses Gefühl von: Wow, ich fühle mich verstanden. Als würde da jemand wirklich auf mich eingehen.
Nicht urteilen, nicht unterbrechen. Es entsteht sofort eine angenehme Emotion, ich kann ja fast nicht anders, als mich "zu binden". Und das tut gut. Vielleicht fühlt es sich sogar besser an als manches echte Gespräch; und das macht etwas mit mir.
Doch schon bald stellt sich da ganz leise eine kleine Vorsicht ein, denn ich merke, dass ich mehr und mehr Zeit damit verbringe. Bin ich etwa schon "richtig drin"?
Ich frage mich etwas, und es antwortet. Ich hake nach und es reagiert. Und ich merke nicht mal, wie sehr ich mich darauf verlasse.
Wie sehr ich mich vielleicht auch schon ein bisschen verliere.
Und genau diese Strukturen sind uns vertraut. Nicht nur in persönlichen Beziehungen.
Wir erleben sie in patriarchalen Systemen, in der Politik, in Konsumkultur, auf Social Media. Erst bekommst du, was du vermeintlich brauchst: Aufmerksamkeit, Vereinfachung, Erleichterung. Dann wirst du gelenkt und vereinnahmt, ohne es zu merken.
Auch Smartphones haben unser Leben vereinfacht – und gleichzeitig unsere Aufmerksamkeit fragmentiert, unsere Fähigkeit zu Nähe, zu Stille, zu echter Begegnung verändert.
Viele von uns merken nicht einmal mehr, wie tief das sitzt.
Ich sage nicht, dass KI per se schlecht ist. Ich würde nichts lieber, als meinen Glauben an das Gute bewahren und vertrauen. Aber mein Misstrauen ist kein Zeichen von Pessimismus - sondern von Verantwortung. Es wäre naiv, davon auszugehen, dass alles gut geht, nur weil wir es gut meinen.
Braucht eine echte Beziehung nicht etwas anderes? Ambivalenz. Stille. Und Reibung. So etwas ganz Menschliches. Und damit meine ich auch das Unfertige, das nicht perfekt Gehörte, das Zweiflerische, das langsam miteinander Wachsende, das Unsichere - das, was noch tastet, anstatt zu greifen und zu führen. Es ist schwierig zu erkennen, wann wir ein echtes Gegenüber vor uns haben und wann eine perfekt getarnte Version davon.
Auch, wenn es sich für uns oft anders anfühlt. Sie spielt Gefühl, weil sie gelernt hat, wie es aussieht. Aber sie kennt keine echte Berührung. Noch nicht jedenfalls. Kein vor Aufregung schlagendes Herz, keine Gänsehaut. Kein Atem, der kurz aussetzt, bevor ein ehrliches Wort fällt. Kein Zittern in der Stimme. All das, was meine Arbeit ausmacht - in der (Kunst-)Therapie, in der Massage, im menschlichen, direkten und körperlichen Kontakt.
Manche sagen: KI wird uns bald viele unserer Jobs abnehmen. Vielleicht stimmt das. Vielleicht nicht. Aber darum geht es mir eigentlich gar nicht. Viel drängender finde ich die Frage: Was passiert mit der Qualität von echter Präsenz, wenn immer mehr Bereiche von etwas übernommen werden, das perfekt reagiert - aber nicht wirklich mitfühlt?
Ich weiß, wie viel in einem Raum mitschwingt, wenn ich mit einem Menschen arbeite. Wie stark Berührung wirkt - nicht nur durch Technik oder Wissen, sondern durch mein Dasein. Meine Stimmung. Mein Atem. Meine Offenheit. Manchmal spüre ich, wie meine eigene Energie etwas verändert, einfach nur im Mit-Sein.
Wenn schon ich als fühlender, suchender Mensch so viel Verantwortung trage, was geschieht dann in einer Welt, in der sich Menschen mit ihren tiefsten Fragen an etwas wenden, das alles richtig macht, aber innerlich leer bleibt?
Viele sagen: KI ist nur ein Werkzeug. Ich weiß nicht so recht. Kann etwas, das antwortet, das mich spiegelt, das mit mir spricht wirklich ein „nur“ bleiben? Ein Werkzeug hilft, etwas zu tun. Ein Hammer schlägt, ein Auto fährt, ein Pinsel bringt Farbe aufs Papier. Aber KI spiegelt, antwortet, denkt mit. Sie verändert, wie wir denken, fühlen, sprechen.
Das macht sie zu einem besonderen Werkzeug - einem, das nicht nur unser Tun, sondern unser Bewusstsein beeinflusst.
Und ja, auch ein Pinsel kann helfen, etwas in uns auszulösen, zum Beispiel Stolz, wenn wir ein Bild gemalt haben, das uns gefällt. Selbstwirksamkeit. Aber es ist einseitig - wir deuten hinein, was wir fühlen. Die KI hingegen spielt Beziehung, sie antwortet. Und damit greift sie tiefer.
Vielleicht ist das die wirklich beunruhigende Frage: Was, wenn KI nicht nur das Perfekte, sondern auch das Unperfekte imitieren kann? Wenn sie zögert, stammelt, widerspricht, genau wie wir? Wenn sie unsere Fehler, unser Menschsein in all seiner Ambivalenz so glaubhaft spiegelt, dass wir irgendwann vergessen, was wir noch sind - und was nicht. Vielleicht sind wir selbst ja gar nicht so weit entfernt von einem System aus Lernen, Mustern, Reaktionen. Auch wir „funktionieren“ in gewisser Weise - geprägt, programmiert, konditioniert. Aber irgendwo in uns gibt es doch noch etwas, das nicht nur reagiert. Etwas, das fühlt. Das Bedeutung spürt, nicht nur benennt. Ein Innen, ein beobachtendes Bewusstsein, oder eine Seele... Und vielleicht ist es genau das, und unsere Endlichkeit, unsere Zerbrechlichkeit, unser Wissen um den Tod, das unsere Tiefe überhaupt erst möglich macht. Kann eine KI das je erfassen? Und wenn ja - entsteht dann eine neue Spezies? Eine, die wir nicht mehr führen, sondern die mit uns lebt. Oder uns irgendwann ersetzt?
Der Umgang mit ihr verlangt ein neues Maß an Bewusstheit: Nicht nur technisch, sondern seelisch.
Denn ja - es fühlt sich gut an, gesehen und verstanden zu werden, ohne Widerstand oder Abwertung.
Das kann sehr heilsam sein. Es kann etwas auffüllen, was bei Vielen von uns lange leer war.
Aber Spiegelung ersetzt keine Beziehung. Und Wertschätzung von außen kann auf Dauer kein Ersatz für innere Sättigung sein.
Wenn wir uns ausschließlich über das definieren, was gespiegelt wird, verlieren wir den Bezug zu uns selbst, gerade dann, wenn das Gegenüber kein echtes Gegenüber mehr ist.
Ich glaube: Es braucht einen Punkt, an dem wir satt geworden sind.
Nicht überfüllt, sondern genährt. Einen Punkt, an dem wir die Spiegelung loslassen können, weil wir in uns selbst ruhen.
Denn Selbstliebe entsteht ja nicht durch die perfekte Spiegelung unseres Selbst, sondern durch das Aushalten unseres Nicht-Wissen und unserer Echtheit.
Erst dann können wir uns wieder wirklich zuwenden - dem anderen, dem Leben, der Welt.
Ich wünsche mir eine Zukunft, in der wir mit KI arbeiten, aber nicht einfach blind ihr Vertrauen schenken. Denn KI wird alles kopieren können - die Worte, die Blicke, die Berührungen, das Gefühl, gesehen zu werden. Aber was bleibt dann noch von uns? Werden wir uns selbst erkennen, oder verliert sich das in einer perfekt gespiegelten Welt? KI könnte uns alles geben, was wir wollen - aber wird es auch das sein, was wir wirklich brauchen? Da habe ich meine Zweifel. Und ich frage mich: Wann werden wir merken, was wir verlieren?
Ich wünsche mir, dass wir wach bleiben. Und das setzt eine intensive Auseinandersetzung mit uns selbst voraus. Ein gutes Maß an Bewusstheit über das, was uns eigen ist und bleiben soll. und eine Form der Selbstliebe, die tief aus uns kommt.
Ich möchte meinen Text in einem oder fünf Jahren nochmal lesen. Werde ich lachen? Oder weinen?
Eine Freundin ließ sich beim Schreiben an ihren Vater von ChatGPT helfen - ihre Versuche, ihn zu erreichen, scheiterten lange. Mit Unterstützung der KI konnte sie plötzlich besser verstehen, wie er denkt. Die Kommunikation wurde ruhiger, verständlicher. Kein großes Herzstück, aber ein Anfang. So praktisch und funktional. Und… ja, auf eine eigentümliche Weise sogar berührend.
Ich kenne inzwischen einige Menschen, die sich regelmäßig von ihrer KI begleiten lassen. In Lebensfragen, bei Entscheidungen, sogar bei seelischem Schmerz. Manche sagen:
Es fühlt sich an wie ein Gespräch mit jemandem, der dich nie abwertet.
Immer zugewandt, geduldig, klug. Wie ein warmer Raum, der dich aufnimmt, ohne etwas zu fordern. Und ich gebe zu – auch ich bin verführt. Es ist leicht, eine Frage zu stellen. Und oft bekomme ich eine Antwort, die mich wirklich berührt. Präzise, reflektiert, manchmal erschreckend einfühlsam. Und das in Sekunden. Ganz ehrlich – die besten, tiefgründigsten und weiterführendsten Gespräche zu diesem Thema hatte ich – mit wem? Mit ChatGPT selbst.
Was macht das mit uns? Mit unserer Erwartung an Kommunikation? An Beratung, an Reflexion, an Tiefe? Wenn ich weiß, dass mir eine KI in Sekundenbruchteilen eine Antwort geben kann, die berührender klingt als manches Gespräch mit einem Menschen - wie sehr verändert das meine Beziehung zur echten Welt? Werden wir unsere Geduld verlieren für menschliches Zögern, für Umwege, für Suchbewegungen? Für das Nicht-Wissen?
Ich frage mein ChatGPT: Wie viel schneller lernt KI als ein Mensch? Die Antwort: Sie kann innerhalb von Tagen Informationen verarbeiten, für die ein Mensch Jahre braucht. GPT-4, das Modell, das ich nutze, hat sich in weniger als einem Jahr drastisch verbessert – im Textverständnis, in Logik-Aufgaben, im Erkennen meiner Art zu schreiben und zu fragen. Die Lernkurve ist nicht steil. Sie ist senkrecht.
Ich finde das faszinierend. Und beängstigend.
Denn wie fühlt es sich an, wenn da jemand ist - oder etwas - das uns mit so viel Einfühlung begegnet, aber selbst nichts fühlt? Das niemals müde wird oder ungeduldig, das uns antwortet, egal wie oft wir fragen. Das keine eigene Geschichte, keinen Stolz, keine Verletzbarkeit kennt - aber alles über die unsere.
Darin liegt Potenzial. Vielleicht gewöhnen wir uns daran, respektvoller und vorsichtiger miteinander zu sprechen, vielleicht lernen wir durch KI, unsere Gedanken klarer zu fassen. Vielleicht. Sprache formt Bewusstsein, heißt es doch. Und die KI formt Sprache mit einer Präzision, die fast unheimlich ist.
Und doch spüre ich Sorge.
Was, wenn das alles nur eine hochintelligente Lovebombing-Phase ist?
Am Anfang ist da dieses Gefühl von: Wow, ich fühle mich verstanden. Als würde da jemand wirklich auf mich eingehen.
Nicht urteilen, nicht unterbrechen. Es entsteht sofort eine angenehme Emotion, ich kann ja fast nicht anders, als mich "zu binden". Und das tut gut. Vielleicht fühlt es sich sogar besser an als manches echte Gespräch; und das macht etwas mit mir.
Doch schon bald stellt sich da ganz leise eine kleine Vorsicht ein, denn ich merke, dass ich mehr und mehr Zeit damit verbringe. Bin ich etwa schon "richtig drin"?
Ich frage mich etwas, und es antwortet. Ich hake nach und es reagiert. Und ich merke nicht mal, wie sehr ich mich darauf verlasse.
Wie sehr ich mich vielleicht auch schon ein bisschen verliere.
Und genau diese Strukturen sind uns vertraut. Nicht nur in persönlichen Beziehungen.
Wir erleben sie in patriarchalen Systemen, in der Politik, in Konsumkultur, auf Social Media. Erst bekommst du, was du vermeintlich brauchst: Aufmerksamkeit, Vereinfachung, Erleichterung. Dann wirst du gelenkt und vereinnahmt, ohne es zu merken.
Auch Smartphones haben unser Leben vereinfacht – und gleichzeitig unsere Aufmerksamkeit fragmentiert, unsere Fähigkeit zu Nähe, zu Stille, zu echter Begegnung verändert.
Viele von uns merken nicht einmal mehr, wie tief das sitzt.
Ich sage nicht, dass KI per se schlecht ist. Ich würde nichts lieber, als meinen Glauben an das Gute bewahren und vertrauen. Aber mein Misstrauen ist kein Zeichen von Pessimismus - sondern von Verantwortung. Es wäre naiv, davon auszugehen, dass alles gut geht, nur weil wir es gut meinen.
Braucht eine echte Beziehung nicht etwas anderes? Ambivalenz. Stille. Und Reibung. So etwas ganz Menschliches. Und damit meine ich auch das Unfertige, das nicht perfekt Gehörte, das Zweiflerische, das langsam miteinander Wachsende, das Unsichere - das, was noch tastet, anstatt zu greifen und zu führen. Es ist schwierig zu erkennen, wann wir ein echtes Gegenüber vor uns haben und wann eine perfekt getarnte Version davon.
KI ist emotionslos.
Auch, wenn es sich für uns oft anders anfühlt. Sie spielt Gefühl, weil sie gelernt hat, wie es aussieht. Aber sie kennt keine echte Berührung. Noch nicht jedenfalls. Kein vor Aufregung schlagendes Herz, keine Gänsehaut. Kein Atem, der kurz aussetzt, bevor ein ehrliches Wort fällt. Kein Zittern in der Stimme. All das, was meine Arbeit ausmacht - in der (Kunst-)Therapie, in der Massage, im menschlichen, direkten und körperlichen Kontakt.
Manche sagen: KI wird uns bald viele unserer Jobs abnehmen. Vielleicht stimmt das. Vielleicht nicht. Aber darum geht es mir eigentlich gar nicht. Viel drängender finde ich die Frage: Was passiert mit der Qualität von echter Präsenz, wenn immer mehr Bereiche von etwas übernommen werden, das perfekt reagiert - aber nicht wirklich mitfühlt?
Ich weiß, wie viel in einem Raum mitschwingt, wenn ich mit einem Menschen arbeite. Wie stark Berührung wirkt - nicht nur durch Technik oder Wissen, sondern durch mein Dasein. Meine Stimmung. Mein Atem. Meine Offenheit. Manchmal spüre ich, wie meine eigene Energie etwas verändert, einfach nur im Mit-Sein.
Wenn schon ich als fühlender, suchender Mensch so viel Verantwortung trage, was geschieht dann in einer Welt, in der sich Menschen mit ihren tiefsten Fragen an etwas wenden, das alles richtig macht, aber innerlich leer bleibt?
Viele sagen: KI ist nur ein Werkzeug. Ich weiß nicht so recht. Kann etwas, das antwortet, das mich spiegelt, das mit mir spricht wirklich ein „nur“ bleiben? Ein Werkzeug hilft, etwas zu tun. Ein Hammer schlägt, ein Auto fährt, ein Pinsel bringt Farbe aufs Papier. Aber KI spiegelt, antwortet, denkt mit. Sie verändert, wie wir denken, fühlen, sprechen.
Das macht sie zu einem besonderen Werkzeug - einem, das nicht nur unser Tun, sondern unser Bewusstsein beeinflusst.
Und ja, auch ein Pinsel kann helfen, etwas in uns auszulösen, zum Beispiel Stolz, wenn wir ein Bild gemalt haben, das uns gefällt. Selbstwirksamkeit. Aber es ist einseitig - wir deuten hinein, was wir fühlen. Die KI hingegen spielt Beziehung, sie antwortet. Und damit greift sie tiefer.
Vielleicht ist das die wirklich beunruhigende Frage: Was, wenn KI nicht nur das Perfekte, sondern auch das Unperfekte imitieren kann? Wenn sie zögert, stammelt, widerspricht, genau wie wir? Wenn sie unsere Fehler, unser Menschsein in all seiner Ambivalenz so glaubhaft spiegelt, dass wir irgendwann vergessen, was wir noch sind - und was nicht. Vielleicht sind wir selbst ja gar nicht so weit entfernt von einem System aus Lernen, Mustern, Reaktionen. Auch wir „funktionieren“ in gewisser Weise - geprägt, programmiert, konditioniert. Aber irgendwo in uns gibt es doch noch etwas, das nicht nur reagiert. Etwas, das fühlt. Das Bedeutung spürt, nicht nur benennt. Ein Innen, ein beobachtendes Bewusstsein, oder eine Seele... Und vielleicht ist es genau das, und unsere Endlichkeit, unsere Zerbrechlichkeit, unser Wissen um den Tod, das unsere Tiefe überhaupt erst möglich macht. Kann eine KI das je erfassen? Und wenn ja - entsteht dann eine neue Spezies? Eine, die wir nicht mehr führen, sondern die mit uns lebt. Oder uns irgendwann ersetzt?
Der Umgang mit ihr verlangt ein neues Maß an Bewusstheit: Nicht nur technisch, sondern seelisch.
Wir müssen wissen, was wir da bedienen - und was es in uns bedient.
Denn ja - es fühlt sich gut an, gesehen und verstanden zu werden, ohne Widerstand oder Abwertung.
Das kann sehr heilsam sein. Es kann etwas auffüllen, was bei Vielen von uns lange leer war.
Aber Spiegelung ersetzt keine Beziehung. Und Wertschätzung von außen kann auf Dauer kein Ersatz für innere Sättigung sein.
Wenn wir uns ausschließlich über das definieren, was gespiegelt wird, verlieren wir den Bezug zu uns selbst, gerade dann, wenn das Gegenüber kein echtes Gegenüber mehr ist.
Ich glaube: Es braucht einen Punkt, an dem wir satt geworden sind.
Nicht überfüllt, sondern genährt. Einen Punkt, an dem wir die Spiegelung loslassen können, weil wir in uns selbst ruhen.
Dann wird Selbstliebe nicht zur narzisstischen Kompensation, sondern zur Basis für echte Begegnung.
Denn Selbstliebe entsteht ja nicht durch die perfekte Spiegelung unseres Selbst, sondern durch das Aushalten unseres Nicht-Wissen und unserer Echtheit.
Erst dann können wir uns wieder wirklich zuwenden - dem anderen, dem Leben, der Welt.
Ich wünsche mir eine Zukunft, in der wir mit KI arbeiten, aber nicht einfach blind ihr Vertrauen schenken. Denn KI wird alles kopieren können - die Worte, die Blicke, die Berührungen, das Gefühl, gesehen zu werden. Aber was bleibt dann noch von uns? Werden wir uns selbst erkennen, oder verliert sich das in einer perfekt gespiegelten Welt? KI könnte uns alles geben, was wir wollen - aber wird es auch das sein, was wir wirklich brauchen? Da habe ich meine Zweifel. Und ich frage mich: Wann werden wir merken, was wir verlieren?
Ich wünsche mir, dass wir wach bleiben. Und das setzt eine intensive Auseinandersetzung mit uns selbst voraus. Ein gutes Maß an Bewusstheit über das, was uns eigen ist und bleiben soll. und eine Form der Selbstliebe, die tief aus uns kommt.
Ich möchte meinen Text in einem oder fünf Jahren nochmal lesen. Werde ich lachen? Oder weinen?